Was Grundrechte können.

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Grundrechte müssen vieles können, um möglichst effektiv zu sein. Die unterschiedlichen Fähigkeiten, die Grundrechte zugunsten der Grundrechtsträger (also letztendlich Du und ich) haben, nennt man Funktionen von Grundrechten. Ganz wichtig dabei ist, dass alle Funktionen von Grundrechten nur im Verhältnis vom Staat zum Bürger gelten. Zwar gibt es Ausnahmen, in denen sie auch im Verhältnis von Bürger zu Bürger gelten können – der Regelfall ist das aber nicht. Hier liegen häufig große Missverständnisse vor.

Ein kurzes Beispiel zum Verständnis: Wenn wir uns streiten und ich sage in der Hitze des Gefechts, dass deine Ansicht falsch ist oder sogar unvertretbar, dann schränke ich deine Meinungsfreiheit nicht ein. Ich kann Dir nicht generell verbieten, eine eigene Meinung zu bilden oder diese zu verkünden. Ganz anders liegt der Fall, wenn dir z. B. ein(e) BürgermeisterIn verbietet, deine Meinung öffentlich zu verbreiten. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob eine solche Einschränkung gerechtfertigt werden kann (mehr dazu im Blogeintrag: Das Grundgesetz: Eine Übersicht).

Insgesamt weisen wir Grundrechten drei Funktionen zu:

  • Abwehrrechte
  • Leistungsrechte
  • Mitwirkungsrechte

Abwehrrecht — Was bedeutet das?

Wie der Name sagt, können Abwehrrechte staatliches Handeln abwehren. Bildlich gesprochen gibt uns das Abwehrrecht ein Schild in die Hand, das uns vor staatlichem Handeln beschützt. Falls der Staat doch unseren Abwehrrechten zuwiderhandelt, können wir ihn dazu zwingen, aufzuhören.

Beispielsweise erlaubt uns die Religionsfreiheit (Art. 4 GG), unser Leben nach unseren individuellen Glaubensätzen zu gestalten. Berühmte kontrovers diskutierte Beispiele, die von der Religionsfreiheit umfasst werden, sind das Tragen eines Kopftuches oder die Anwendung einer glaubenskonformen Schlachtmethode (sog. Schächten). Der Staat kann nur mit verfassungsrechtlicher Rechtfertigung diese von der Religionsfreiheit geschützten Handlungen einschränken. 

Leistungsrecht — Was bedeutet das?

Auch hier ist der Name sehr aufschlussreich. Wo das Abwehrrecht ein Schild ist, ist das Leistungsrecht ein Schwert, mit dem man vom Staat ein bestimmtes Verhalten einfordern kann.

Beispielsweise hat jeder Mensch ein Recht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (aktuell Hartz IV) vom Staat (Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 GG), jede Mutter hat einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft und jede(r) hat ein Recht auf eine sachgerechte, diskriminierungsfreie Auswahl bei der Bewerbung um einen Studienplatz (Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG).

Mitwirkungsrecht — Was bedeutet das?

Letztlich können Grundrechte auch die Mitwirkung am öffentlichen Staatsleben gewährleisten. Sie erlauben also den Grundrechtsträgern, auf die eine oder andere Art am Staatsbetrieb teilzunehmen. Anders als die Leistungsfunktion ist die Mitwirkungsfunktion nicht auf ein Verhalten vom Staat zum Bürger gerichtet, sondern erlaubt, dass der Bürger sich im Staatswesen engagiert. Mitwirkungsrechte nennt man deshalb auch Staatsbürgerrechte.

Beispielsweise haben alle Deutschen das Recht, an Wahlen in der Bundesrepublik teilzunehmen oder sich selbst wählen zu lassen (Art. 38 Abs. 1 GG).

Fazit

Heute ging es darum zu verstehen, dass Grundrechte uns bildlich gesprochen mit Schild und Schwert ausrüsten, um dem Staat gegenüberzutreten. Grundrechte ermöglichen es uns außerdem, beim Staat mitzumachen und diesen aktiv oder passiv zu gestalten.