Wer kann für den Staat arbeiten?

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Es gibt in Deutschland eine kaum zu überblickende Vielfalt an Berufen. Mittlerweile sind über 300 Ausbildungsberufe und über 20.000 (!) Studiengänge anerkannt. Diese (Berufs-)Freiheit ist für uns alle Privileg und Herausforderung zugleich. Zusätzlich können wir uns entscheiden, ob wir unseren Beruf bei einem privaten Arbeitgeber ausüben, selbstständig sein oder für „den Staat“ arbeiten möchten. Doch was ist der Staatsdienst und wer von uns kann im Öffentlichen Dienst arbeiten? Der vorliegende Beitrag will diese Fragen im Überblick beantworten. 

I. Was ist der Öffentliche Dienst? 

Der Staat ist offensichtlich keine reale Person, sondern bedient sich auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene stets natürlichen Personen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Wer auf einer dieser Ebenen für den Staat arbeitet, ist im sog. Öffentlichen Dienst beschäftigt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren dies im Juni 2023 ca. 5,3 Millionen Menschen. Historisch bedingt unterliegt dieser Dienst für den Staat einer Zweiteilung: Zum einen sind dort die große Gruppe der durch Arbeitsvertrag angestellten Beschäftigten (ca. 3,3 Millionen) und zum anderen die besondere Gruppe der Beamten, Richter und Soldaten (ca. 1,9 Millionen). Die Besonderheit der letzten Gruppe ergibt sich aus Art. 33 Abs. 4 Grundgesetz (GG): Sie üben klassische hoheitliche (Staats-)Gewalt aus und stehen aus diesem Grund in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. Die sichtbarsten Berufsbeamt:innen, die hoheitliche Gewalt nach Art. 33 Abs. 4 GG ausüben, sind die Polizist:innen des Bundes und der Länder.  

II. Wer hat Zugang zum Öffentlichen Dienst? 

Der Staat ist also jedenfalls auf engagierte und leistungsfähige Personen angewiesen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes erkannten dies und haben deshalb mit Art. 33 Abs. 2 GG eine besondere Regelung in unsere Verfassung aufgenommen:  

„Jeder Deutsche hat nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“ 

1. Der Schutz der Bürger:innen durch ein spezielles Gleichheitsrecht 

Art. 33 Abs. 2 GG schützt zunächst die Chancengleichheit beim Zugang zu öffentlichen Ämtern, indem „jeder Deutsche“ einen „gleichen Zugang“ zu jedem öffentlichen Amte hat. Der Begriff „Deutsche“ erfasst Personen, die im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft i.S.d. Art. 116 GG sind. Als „öffentliches Amt“ versteht man grundsätzlich alle Ämter der Verwaltung und Justiz in Bund, Länder und Kommunen; also Jobs angefangen bei der Bundeswehr und Polizei, über die klassische Staatsverwaltung auf Bundes- und Landesebene bis hin zu speziellen staatlichen Institutionen wie z.B. öffentliche Schulen. Bei allen Deutschen, die sich auf ein öffentliches Amt bewerben, schützt Art. 33 Abs. 2 GG den „gleichen“ Zugang. Es handelt sich dabei folglich um ein spezielles Gleichheitsrecht; ein Grundrecht. Es verlängert die Aussage aus Art. 3 Abs. 1 GG („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“) und verdeutlicht, dass es für eine Tätigkeit beim Staat einzig darauf ankommt, wie qualifiziert und geeignet man für das jeweilige Amt ist.  

Denn Art. 33 Abs. 2 GG garantiert, dass alle Bewerber:innen „gleich“, allein nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu beurteilen sind. Im Umkehrschluss dürfen somit andere Gründe, insbesondere die in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG genannten Gründe (z.B. Geschlecht oder Abstammung), keine Bedeutung haben (vgl. auch Art. 33 Abs. 3 GG). Die Norm schützt also für die Bürger:innen das Recht, an einem ausschließlich an sachlichen Kriterien ausgerichteten Bewerbungsverfahren teilzunehmen – ein sog. Bewerbungsverfahrensanspruch. Deshalb trifft den Staat z.B. auch die Pflicht, grundsätzlich jede Stelle öffentlich auszuschreiben, damit sich (theoretisch) alle darauf bewerben können. Andererseits gewährt Art. 33 Abs. 2 GG aber auch kein Recht auf einen Job beim Staat. Vielmehr bekommen wir alle nur die faire Chance, uns auf jedes ausgeschriebene öffentliche Amt zu bewerben und am jeweiligen Auswahlverfahren frei von diskriminierenden Kriterien teilzunehmen. Dieses Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG kann im Zweifel auch gerichtlich durchgesetzt werden (vgl. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG). 

2. Der Schutz der Gesellschaft vor unqualifizierten und politischen Verwaltungspersonal 

Das spezielle Gleichheitsrecht in Art. 33 Abs. 2 GG schützt neben der Chancengleichheit der Bürgerinnen und Bürger jedoch auch den Staat und mithin die Gesellschaft vor unqualifiziertem Verwaltungspersonal. Denn wie oben gesehen hat sich die Auswahl der Bewerber:innen allein an „Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ zu orientieren. Aus diesem Grund gilt bei der Besetzung öffentlicher Ämter das sog. Leistungsprinzip. Ein Auswahlverfahren soll stets mit der Einstellung derjenigen Person enden, welche die sachlichen Kriterien für die ausgeschriebene Stelle „am besten“ erfüllt. Man spricht aus diesem Grund auch von der sog. Bestenauslese

Meine fachliche Leistung weise ich z.B. durch gute Arbeitszeugnisse, meine Befähigung durch Schulzeugnisse und entsprechende Ausbildungs- oder Studienabschlüsse nach. Die „Eignung“ fängt dann grundsätzlich alle sonstigen Anforderungen an die jeweilige Stelle auf. So muss man für die Polizei z.B. regelmäßig eine sportliche Aufnahmeprüfung bestehen, um zu zeigen, dass man „geeignet“ ist, die körperlich anstrengende Arbeit im Polizeivollzugsdienst zu leisten. Art. 33 Abs. 2 GG schützt deshalb vor allem auch die Allgemeinheit, indem nicht schlichtweg jede Person für den Staat arbeiten kann. Historisch soll hierdurch vor allem auch eine sog. politische Ämterpatronage verhindert werden. 

III. Zusammenfassung 

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Es gilt die sog. Bestenauslese. Sie schützt zum einen die Gesellschaft vor fachlich unqualifizierten, da z.B. nur nach politischen Interessen ausgewählten Staatsbediensteten. Zum anderen wird jedoch auch die Chancengleichheit aller Bewerber:innen geschützt. Art. 33 Abs. 2 GG garantiert das spezielle Gleichheitsrecht, dass ich im Rahmen eines Auswahlverfahrens „gleich“ allein nach „Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ beurteilt werde. Alle anderen Kriterien, insbesondere die Diskriminierungsverbote in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG, sind für den Staat bei der Personalauswahl ausdrücklich tabu.