Das Parlaments-ABC – Teil I

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Abgeordnete: Die Abgeordneten des Bundestages sind die Vertreter des ganzen Volkes, die bei der Bundestagswahl gewählt werden. Es gibt aber auch Abgeordnete in den Landtagen oder im Europäischen Parlament. Abgeordnete des Bundestages werden für vier Jahre gewählt. Sie sind nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Will zum Beispiel eine Fraktion im Bundestag für ein Gesetz stimmen, so ist kein Mitglied dieser Fraktion dazu verpflichtet, diesem Gesetz auch tatsächlich zuzustimmen. Im Bundestag sitzen seit der letzten Wahl 736 Abgeordnete. Sie gehören meist einer Partei an. Es gibt aber auch parteilose Abgeordnete. Abgeordnete im Bundestag schließen sich zu Gruppen zusammen, sog. Fraktionen. Der wichtigste Teil der Arbeit der Abgeordneten findet in Ausschüssen statt. In Ausschüssen kommen die Abgeordneten verschiedener Fraktionen zusammen, um bestimmte Themen zu bearbeiten, z.B. neue Gesetze zu diskutieren. Abgeordnete erhalten kein Gehalt, sondern eine Abgeordnetenentschädigung, diese nennt man umgangssprachlich „Diäten“. 

Absolute Mehrheit: Im Bundestag werden Beschlüsse gefasst. Hierfür braucht man Mehrheiten. Bei der absoluten Mehrheit müssen mehr als die Hälfte aller Mitglieder des Bundestags für etwas stimmen, egal wie viele Abgeordnete sich an der Abstimmung beteiligen. Die absolute Mehrheit braucht man z.B. bei der Wahl des:der Bundespräsident:in und seinen Stellvertreter:innen, der Wahl des:der Bundeskanzler:in oder bei einer Vertrauensfrage des:der Bundeskanzler:in. Neben der absoluten Mehrheit gibt es im Bundestag noch die einfache Mehrheit und die Zweidrittelmehrheit.

Absolute Zweidrittelmehrheit: Anders als bei der absoluten Mehrheit, braucht man für bestimmte Beschlüsse nicht die Stimmen der Hälfte aller Mitglieder des Bundestags, sondern von Zwei Drittel der Mitglieder. Diese Mehrheit ist erforderlich, wenn der Bundestag das Grundgesetz ändern möchte. 

Aktives Wahlrecht: Das aktive Wahlrecht ist das Recht zu wählen. Bei der Bundestagswahl darf das jede Person, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und mindestens 18 Jahre alt ist. In manchen Bundesländern dürfen bei Kommunal- und Landtagswahlen Jugendliche schon ab 16 Jahren wählen. Die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei der Bundestagswahl wird immer wieder diskutiert. 

Ältestenrat: Im Deutschen Bundestag gibt es einen Ältestenrat. Anders, als es der Name vermuten lässt, sitzen im Ältestenrat aber nicht die ältesten Abgeordneten. Ihm gehören aber häufig besonders erfahrene Parlamentarier:innen an. Typischerweise setzt sich der Ältestenrat zusammen aus dem:der Bundestagspräsident:in, ihren Stellvertreter:innen sowie 23 Abgeordneten, die von den verschiedenen Fraktionen benannt werden. Der Ältestenrat plant die Termine der Bundestagssitzungen, indem er zum Beispiel die Tagesordnungen und anstehende Debatten vorbereitet. Hierbei hilft der Ältestenrat auch dem:der Bundestagspräsident:in bei den Geschäften. Aufgabe des Ältestenrats ist es auch, aufgetretene Streitigkeiten im Parlament zu schlichten.

Antrag: Fraktionen oder mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages können sog. Anträge stellen. Mit einem Antrag können die Abgeordneten den Bundestag auffordern, etwas Bestimmtes zu beschließen. Ebenso kann die Bundesregierung z.B. aufgefordert werden, Informationen herauszugeben oder sich zu einem bestimmten politischen Thema zu äußern. Bevor der Bundestag über den Antrag abstimmt, wird er meistens in einem Ausschuss diskutiert, in dem sich Abgeordnete genauestens mit dem Antrag beschäftigen. Anträge sind ein häufig genutztes Mittel von der Opposition, um ihre politische Meinung kundzutun. 

Anfrage (kleine/große): Abgeordnete können im Bundestag sog. Anfragen stellen. Sie wollen z.B. wissen, warum die CO2-Steuer steigen soll. Die Fragen werden von Abgeordneten aufgeschrieben und der Regierung übergeben. Die Regierung muss auf die Fragen antworten. Wenn sie eine schriftliche Antwort gibt, dann spricht man von einer „Kleinen Anfrage“. Bei einer „Großen Anfrage“ wollen die Abgeordneten, dass die Sache genauer behandelt wird. Dann wird die Frage im Bundestag diskutiert. Dies geschieht in einer „Fragestunde“ im Bundestag, in der jede:r Abgeordnete das Recht hat, die eigene Meinung zu äußern und Fragen zu stellen. Mit den Anfragen sollen gerade die Opposition die Möglichkeit haben, das Vorgehen der Regierung zu kontrollieren.

Anzeigepflicht: Weil die Abgeordneten Vertreter:innen des Volkes sind, soll ihr Mandat immer an erster Stelle stehen. Deshalb gibt es im Abgeordnetengesetz bestimmte Verhaltensregeln für Abgeordnete, wozu auch eine Anzeigepflicht gehört. Abgeordnete müssen z.B. anzeigen, welchen Berufen sie nachgehen, ob sie Mitglieder in Vorständen oder Aufsichtsräten sind und ob sie bestimmten Nebentätigkeiten nachgehen, für die sie Geld bekommen. 

Ausgleichsmandate: Ausgleichsmandate kommen vor, wenn es bei einer Bundestagwahl zu Überhangmandaten kommt. Diese Überhangmandate entstehen, wenn für eine Partei mit der Erststimme mehr Direktkandidat:innen ins Parlament gewählt werden, als ihr nach den Zweistimmen Sitze im Parlament zustehen. Dann hat die Partei mehr Abgeordnete im Bundestag, als es prozentual vorgesehen wäre. Wenn das passiert, muss es für die anderen Parteien einen Ausgleich geben. Hierfür sind die Ausgleichsmandate da: Die anderen Parteien erhalten auch zusätzliche Mandate, also mehr Abgeordnete im Parlament. Damit wird sichergestellt, dass die Machtverhältnisse im Parlament die Entscheidung der Wähler:innen widerspiegeln. 

Ausschuss: In den Ausschüssen werden die Beschlüsse des Bundestags vorbereitet. Die Ausschüsse bestehen aus mehreren Abgeordneten aller Fraktionen, die sich intensiv mit bestimmten Themen beschäftigen und z.B. Beschlüsse zu Gesetzesentwürfen vorbereiten. In den Ausschüssen sollen sich also die „Expert:innen“ für ein bestimmtes Thema zusammensetzen und darüber beraten und diskutieren. Über die Anzahl der Ausschüsse kann jeder Bundestag selbst entscheiden. Das Grundgesetz gibt vier Ausschüsse zwingend vor, nämlich den Ausschuss für Verteidigung, den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union sowie den Petitionsausschuss.  

Beratung: Bevor ein Gesetz beschlossen werden kann, muss der Entwurf des Gesetzes in der Regel ein bestimmtes Verfahren durchlaufen. Zu dem Entwurf gibt es im Regelfall drei Beratungen, die sog. Lesungen, in denen der Entwurf in den Ausschüssen und im Parlament beraten wird. Sind die drei Lesungen durchlaufen, kommt es am Ende der dritten Lesung zu einer Abstimmung über den Gesetzentwurf. 

Beschlussfähigkeit: Da im Bundestag wichtige Entscheidungen getroffen werden, müssen bei Abstimmungen ausreichend Abgeordnete anwesend sein, damit dieser beschlussfähig ist, also über Gesetze oder Anträge beschließen kann. Geregelt ist die Beschlussfähigkeit in der Geschäftsordnung des Bundestags. Danach ist der Bundestag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten anwesend sind. Weil die Abgeordneten aber häufig auch andere Termine haben oder sich in den Ausschüssen beraten, wird diese Zahl nicht immer erreicht. Deshalb geht man davon aus, dass die notwendige Zahl der Abgeordneten erreicht ist, solange nicht eine Fraktion oder fünf Prozent der anwesenden Abgeordneten dies offiziell in Frage stellen. Wenn der:die Leiter:in der Sitzung nicht sofort erkennt, ob der Bundestag beschlussfähig ist, muss nachgezählt werden. Dies geschieht durch das sog. „Hammelsprungverfahren“. 

Briefwahl: Normalerweise wählt man den Bundestag am Wahltag persönlich in einem Wahllokal vor Ort. Jede:r Wahlberechtigte kann seine Stimme aber auch per Briefwahl abgeben. Das ist etwa dann wichtig, wenn die Person krank oder verreist ist. Früher musste man noch Gründe für eine Briefwahl angeben, seit 2008 ist das nicht mehr der Fall. Die Unterlagen für die Briefwahl müssen beim Wahlamt der Stadt beantragt werden, in der man wohnt. Die Wahlunterlagen müssen am Wahltag bis zum Ablauf der Abstimmungszeit bei der zuständigen Behörde vorliegen. Sonst werden diese Stimmen nicht gezählt.

Bundeskabinett: Das Bundeskabinett bilden der:die Bundeskanzler:in und die Bundesminister:innen. Dabei handelt es sich um die Personen, welche die Regierungsspitze bilden. In sog. Kabinettssitzungen muss das Bundeskabinett über wichtige politische Fragen diskutieren und Entscheidungen fällen. Beraten wird z.B. über die Vorhaben der Bundesregierung, darunter Gesetzentwürfe. 

Bundeskanzler:in: Der:die Bundeskanzler:in steht an der Spitze der Bundesregierung. Er:sie wird vom Bundestag auf Vorschlag des:der Bundespräsident:in gewählt und anschließend von diesem ernannt. Auf Vorschlag des:der Bundeskanzler:in werden die Bundesminister:innen ernannt und entlassen. Einfach gesagt bestimmt der:die Bundeskanzler:in, welche Politik gemacht wird. Man spricht deshalb auch davon, dass der:die Bundeskanzler:in die „Richtlinien der Politik“ bestimmt. Der Bundestag kann den:die Bundeskanzler:in durch ein sog. Misstrauensvotum stürzen.