Die Bundespräsidentschaftswahl 2022

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Am 13. Februar 2022 wird ein/eine neuer/neue Bundespräsident:in gewählt.

Warum findet die Wahl eigentlich ausgerechnet am 13. Februar 2022 statt?

Das liegt daran, dass die Wahl spätestens 30 Tage vor dem Ende der laufenden fünfjährigen Präsidentschaftsamtszeit stattfinden muss. Das steht in Artikel 54 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Die Amtszeit von Bundespräsident Steinmeier endet am 18. März 2022. Deshalb findet die Wahl (mit reichlich zeitlichem Vorlauf) schon am 13. Februar statt.

Wer wählt den/die Bundespräsident:in?

Der/die Bundespräsident:in wird von der Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung ist eine eher unbekannte Einrichtung unseres Staates. Das liegt daran, dass sie nur eine einzige Aufgabe hat, nämlich die Wahl des/der Bundespräsident:in. Weil eine Bundespräsidentschaftswahl in der Regel nur alle fünf Jahre stattfindet – das ist die normale Länge der Amtszeit – tritt die Bundesversammlung auch nur selten zusammen.

Die Bundesversammlung besteht aus allen Abgeordneten des Bundestags und einer gleichen Anzahl an Delegierten, die von den Parlamenten der Bundesländer gewählt und entsandt werden. Diesmal wird der/die neue Bundespräsident:in von 1.472 Mitgliedern der Bundesversammlung gewählt. Deshalb müssen Bürger:innen zur Wahl des/der Bundespräsident:in nicht in die Wahllokale gehen.

Wer wird Bundespräsident:in?

Artikel 54 Absatz 6 des Grundgesetzes bestimmt, dass der/die Kandidat:in gewinnt, der/die im ersten oder zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit, also mehr als die Hälfte aller Stimmen der Bundesversammlung, erhält. Sollte es in zwei Wahlgängen keinem der Kandidat:innen gelingen, ein solches Ergebnis zu erzielen, entscheidet die relative Mehrheit der Stimmen. Dann gewinnt also die Person, die die meisten Stimmen erhält.

Vorschläge zur Wahl können von allen Mitgliedern der Bundesversammlung gemacht werden. Bundespräsident:in können aber nach Artikel 54 Absatz 1 des Grundgesetzes nur Deutsche werden, die bei Bundestagswahlen wahlberechtigt und mindestens 40 Jahre alt sind.

Es gibt ein eigenes Gesetz, in dem die Einzelheiten des Wahlverfahrens geregelt sind: Das Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung – kurz: BPräsWahlG.

Die Kandidat:innen für die Wahl am 13. Februar 2022 sind:

  • Frank-Walter Steinmeier (SPD), der auch der amtierende Bundespräsident ist; Artikel 54 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes erlaubt es ihm, noch ein weiteres Mal zum Bundespräsidenten gewählt zu werden.
  • Gerhard Trabert (parteilos),
  • Max Otte (CDU, laufendes Parteiausschlussverfahren) und
  • Stefanie Gebauer (Freie Wähler), die im Falle ihrer Wahl die erste Bundespräsidentin Deutschlands wäre.

Und welche Aufgaben hat ein/eine Bundespräsident:in?

Der/die Bundespräsident:in ist das Staatsoberhaupt Deutschlands. Interessanterweise wird das nicht ausdrücklich im Grundgesetz festgelegt. Es folgt aber aus den Aufgaben, die der/die Bundespräsident:in im Vergleich zu den anderen Verfassungsorganen hat, also zum Beispiel im Vergleich zur Bundesregierung, zum Bundestag und zum Bundesverfassungsgericht. Das Grundgesetz gibt durch die Aufgabenverteilung zwischen den Verfassungsorganen zu erkennen, dass der/die Bundespräsidentin die Funktion eines Staatsoberhaupts erfüllen soll. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt:

Der/die Bundespräsident:in „repräsentiert Staat und Volk der Bundesrepublik Deutschland nach außen und innen und soll die Einheit des Staates verkörpern“; deshalb ist die Position von einer „gewisse[n] Distanz zu Zielen und Aktivitäten von politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen“ geprägt. Das bedeutet, dass der/die Bundespräsident:in zum Beispiel keine Werbung für eine Partei oder die von einer bestimmten Partei verfolgten politischen Ziele machen darf. Nur so kann er/sie neutral bleiben und die Interessen aller Bürger:innen vertreten. Gerade in dieser Funktion – Verkörperung der Einheit des Staates – tritt der/die Bundespräsident:in typischerweise zu Staatsakten, an bedeutenden Feiertagen, zu Krisenzeiten oder zur Erinnerung an wichtige Ereignisse in der deutschen Geschichte auf.

Anders als in vielen anderen Staaten erfüllt der/die Bundespräsident:in in Deutschland damit aber keine Exekutivfunktion. Das bedeutet, dass der/die deutsche Bundespräsident:in nicht die Regierung des Landes führt und nicht dafür zuständig ist, politische Richtlinien vorzugeben oder andere grundsätzliche Entscheidungen zu treffen. Hierfür ist nach Artikel 65 des Grundgesetzes der/die Bundeskanzler:in zuständig.

Der/die Bundespräsident:in Deutschlands ist somit ein nicht-exekutives, repräsentatives Staatsoberhaupt. Das ist keine Seltenheit, vor allem in repräsentativen Demokratien. Das sind Demokratien, in denen das Volk durch Abgeordnete, meistens in einem Parlament, vertreten wird und nicht selbst an politischen Sachentscheidungen mitwirkt. Allein in der Europäischen Union haben derzeit fünfzehn Staaten nicht-exekutive Staatsoberhäupter (Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Ungarn, gemeinsam auch die „Arraiolos-Gruppe“ genannt). In diesen Ländern werden die Regierungen von Ministerpräsident:innen, Premierminister:innen und Kanzler:innen geleitet, nicht von dem/der jeweiligen Staatspräsident:in.

In dieser repräsentativen Stellung kommen dem/der Bundespräsident:in beispielsweise folgende konkrete Aufgaben zu:

  • Der/die Bundespräsident:in vertritt Deutschland nach außen, kann Verträge mit anderen Staaten abschließen und ist im diplomatischen Verkehr dafür zuständig, Diplomat:innen aus dem Ausland in Deutschland zuzulassen.
  • Bei zahlreichen Vorgängen ist der/die Bundespräsident:in dafür zuständig, bestimmte Verfahren offiziell einzuleiten oder abzuschließen. Dabei muss er/sie auch kontrollieren, ob die im Grundgesetz vorgesehenen Verfahren eingehalten worden sind. Solche Vorgänge sind etwa die Benennung und Entlassung von Bundesrichter:innen, des/der Bundeskanzler:in und der Bundesminister:innen, die Auflösung des Bundestags (wenn die Abgeordneten der Regierung nicht ihr Vertrauen aussprechen) sowie die Ausfertigung von Gesetzen, die der Bundestag verabschiedet hat.
  • Der/die Bundespräsident:in hat schließlich auch ein Begnadigungsrecht. Das bedeutet, dass er/sie in bestimmten Fällen entscheiden kann, dass ein/eine Straftäter:in seine/ihre Strafe nicht erdulden muss.